In Florstadt ( Wetteraukreis) wurden in der Nacht vom 23. auf den 24.02.2016 die Fensterschreiben einer Flüchtlingsunterkunft sowie eines Gebetsraumes der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde zerstört. Zusätzlich wurde ein Auto an der Ahmadiyya-Gemeinde mit Klebeband eingewickelt und dutzende Zettel mit Mordaufrufen gegen Flüchtlinge und Nazi-Sprüchen in Florstadt verteilt. Mehrere Plakate der Partei „Die Linke“ wurden beschädigt bzw. durchgestrichen.
Die aktuellen Übergiffe sind erschreckend, waren jedoch erwartbar. Seit Wochen hetzen NPD und AfD massiv gegen Flüchtlinge. In Florstadt hängen dutzende entsprechende Plakate beider Parteien. Die NPD hatte hier vor mehreren Monaten, die AfD vor kurzem, einen Infostand. Zusätzlich wird in der Wetterau über entsprechene Facebookseiten gegen Flüchtlinge gehetzt. Die Seiten mit den Titeln „Büdingen wehrt sich“ oder „Friedberg wehrt sich“ haben zusammen 3000 Likes bei Facebook. Über die vom NPD Abgeordneten Lachmann zu verantwortende FB-Seite „Büdingen wehrt sich“ wurde für eine eindeutig neonazistische Demonstration in Büdingen geworben. In Büdingen haben 150 Leute an der neonazistischen Demonstration teilgenommen. Hier haben jedoch weit über tausend Menschen gegen den Aufmarsch demonstriert.
In der Region um Florstadt gab es auch in der Vergangenheit neonazistische Aktivitäten: Der Gebetsraum der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde war schon mehrfach Angriffsziel. Die Region war die Hochburg der einschlägigen Neonazi-Gruppe „Old Brothers“. Diese feierte Gaskammerpartys in einer Hofreite in Echzell Gettenau, griff ihre demokratischen Gegner mehrfach an, hatte Zugang zu Waffen und Sprengstoff und war tief in den Drogenhandel und die Security-Branche der Region verstrickt. Der „Chef“ der „Old Brothers“ mit dem Spitznamen „Schlitzer“ sitzt deshalb aktuell im Gefängnis. Mehrere „Old Brothers“ arbeiten weiter als Securitys in der Region. Andere sind nun in verschiedenen rechtsextremen Gruppen/Parteien aktiv: Ein „Old Brother“ Mitbegründer z.B. kandidiert nun für die NPD zur Kreistagswahl. Artikel zu den Old Brothers: Kriegswaffen, Fazit Antifa-BI, Pro Deutschland, Gaskammer-Partys.
Vor einigen Wochen gab es in Florstadt einen anscheinend sexististisch motivierten Übergriff und eine Körperverletzung durch einen Flüchtling. Dieser wurde von der Polizei umgehend inhaftiert. Dieser einzelne Vorfall wurde jedoch von der Polizeipresse ziemlich vorschnell veröffentlicht und von einer Regionalzeitung sehr unglücklich aufgegriffen. Dieser Übergriff habe stark an die Vorfälle von Köln erinnert[!!!]. Diese einseitige Dramatisierung wurde von den Neonazis dankbar aufgegriffen und in den „sozialen“ Netzwerken verbreitet. Das Neonazis und ihnen nahstehende Parteien versuchen, diesen Vorfall zu instrumentalisieren und zur Tat geschritten sind, war zu befürchten.
Was nun tun?
In Florstadt gibt es eine starke demokratische Zivilgesellschaft und es sind viele Menschen in der Flüchtlingshilfe aktiv. Auch die im Parlament vertretenen Parteien sowie der Bürgermeister haben sich in der Vergangenheit deutlich gegen menschenverachtende Ideologien positioniert. Florstadt muss nun nicht nur ein klares öffentliches Zeichen setzen sondern auch konsequent gegen die junge Neonazi-Szene vorgehen. In der Region können sich Neonazis in vielen Gaststätten und auf vielen Partys offen bewegen. Andererseits fehlen Gegenangebote für nicht-rechte Jugendliche. Dieser Zustand muss geändert werden: Wir als Antifaschistische Bildungsinitiative e.V. stehen hier zur Zusammenarbeit bereit.
Pressegalerie:
Frankfurter Rundschau: Flüchtlingsheim und Gebetsraum angegriffen
Kreis Anzeiger: Angriff auf Unterkunft und Gebetsraum
Hessenschau: Steinwürfe auf Flüchtlingsheim und Gebetsraum in Florstadt
Der neue Landbote: Steine auf Flüchtlingsherberge
Wetterauer Zeitung: Asylbewerberunterkunft mit Steinen beworfen
Frankfurter Neue Presse: Flüchtlingsheim in Florstadt mit Steinen beworfen
POL-FB: Asylbewerberunterkunft in Florstadt mit Steinen beworfen
12.02.2016: Gewaltsamer und sexistischer Angriff: Haftbefehl gegen Flüchtling