Gestern Abend fand im Hungener Ortsteil Villingen im Landkreis Gießen ein Rechtsrock-Konzert statt. Die Neonazis hatten als Vorab-Treffpunkt eine Tankstelle in Wölfersheim eingerichtet. Hier wurden sie von Mitgliedern der Antifaschistischen Bildungsinitiative e.V. beobachtet. Es waren etwa 60 Neonazis aus Hessen und NRW anwesend, die sich ungestört sammeln konnten. Es sei absolut unverständlich, wieso sich diese ohne ein massives Polizeiaufgebot und somit unkontrolliert haben treffen können. Die Kulisse habe auf Passanten absolut einschüchternd gewirkt, so die Antifa-BI e.V. Die Rechtrock-Fans wurden von ihrem Wölfersheimer Treffpunkt weiter zum Konzertort, einem Privatgelände in Hungen-Villingen gelotst*. Hier spielte der ehem. Sänger der Neonazi-Combo Landser. Landser wurde in Berlin als kriminelle Vereinigung eingestuft, der Sänger erhielt eine Vorstrafe. Der „Lunikoff-Balladenabend“ mobilisierte überwiegend ältere Neonazis, die in Villingen ihren Menschenhass ungestört austoben durften.
Seit dem Film „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ von Thomas Kuban ist durch seine mutigen Undercover-Reportagen belegt, dass fast kein Rechtsrock-Konzert ohne massive Straftaten abläuft. Rechtsrock ist die Einstiegsdroge in die organisierte Neonazi-Szene – und für ältere Neonazis ein verbindender und vernetzender Szene-Event. Mit solchen Konzerten wird eine Szene verfestigt. Die hessischen Neonazis feiern das Konzert als gelungenen Auftakt und kündigen weitere Konzerte an. Das nicht-öffentlichen machen solcher Konzerte und die Geheimhaltungstaktik der Exekutive in Hessen haben dies erst ermöglicht. Adressat unserer Kritik ist jedoch die hessische Landesregierung, die dies politisch zu verantworten hat. Wir hoffen, dass diese dem Beispiel anderer Bundesländer folgt und endlich konsequent gegen Neonazi-Veranstaltungen vorgeht.
Rechtsrock wurde in Deutschland vom verbotenen und terroristischen „Blood and Honour“ Netzwerk etabliert. Wer dieses Konzert, das in Szene-Verteilern beworben wurde, organisiert hat, ist unbekannt. Jedoch kommen führende „Blood and Honour“ Köpfe aus dem Landkreis Gießen.
Staat und Zivilgesellschaft machen einen riesigen Fehler, wenn solche Konzerte unter dem Deckmantel einer vermeintlichen „Neutralität“ stattfinden können. Diese „Neutralität“ ermöglicht den Neonazis erst viele weitergehende Tätigkeiten, die wie im Fall der NSU-Morde zu organisiertem Mord und Totschlag führen können. Es ist absolut inakzeptabel, dass dieses Konzert nicht aufgelöst wurde. Es bleibt zu hoffen, dass auch in Hessen endlich Lehren aus der Geschichte gezogen werden.
Die Antifa-BI e.V. wird im Kampf für Demokratie und gegen den Menschenhass weiterhin auf Prävention, Aufklärung und Bildung setzen und hofft, dass sich diesem viele anschließen. Denn nur mit vielen informierten und aktiven Menschen können wir den Neonazis erfolgreich, friedlich und entschlossen entgegen treten. Kein Raum und kein Platz für Neonazis in Hessen.
* Update: In Hungen wurden dann laut FR Polizeikontrollen durchgeführt und Personalien aufgenommen. Eine „Privatveranstaltung“ mit eigenem Vorab-Treffpunkt an der Tanke in der Nachbargemeinde? Das soll jdm glauben? Buch und Film zu „Blut muss fließen -Undercover unter Nazis“ als Lektüre hilft!
Presse: Artikel der Frankfurter Rundschau
Nun auch Thema im Landtag – Lisa Gnadl fragt nach – FR
Wir bleiben an dem Thema dran – Aufarbeitung ist dringend nötig – Das war hoffentlich das letzte Rechtsrock-Konzert